NOSTALGIE BEI NOSTIGALL

Zeit – unser kostbarstes Gut

Als ich letztens meine Eltern besuchte, saß meine Mutter auf der Couch und sortierte alte Fotos. Ich setzte mich zu ihr und sie zeigte mir Schwarz-Weiß-Bilder von meinen Groß- und Urgroßeltern, von Orten, wo sie gelebt haben und von ihr als junges Mädchen. Diese Bilder lösten bei meiner Mutter viele Erinnerungen aus, so dass sie anfing, mir Geschichten von früher zu erzählen. Obwohl ich die meisten Gesichter von den vergilbten Fotos nie zuvor gesehen hatte, wurden sie durch die Geschichten meiner Mutter vor meinem inneren Auge lebendig…

Fotos, wie auch Gerüche, Lieder, Orte oder kurz gesagt – all die Dinge, die wir mit Erinnerungen aufladen – lassen uns in bestimmten Situationen nostalgisch werden. Doch wieso schwelgen wir eigentlich so gerne in Erinnerungen? Nun, vielleicht weil sie ein wesentlicher Teil von uns selbst sind und dem, was wir erlebt haben. Je bewusster wir leben, je mehr Abenteuer wir bestreiten und je mehr wir uns mit Menschen umgeben, von denen wir etwas lernen können, desto bunter wird am Ende unser Strauß an Erinnerungen sein. Und von den besonders guten Erinnerungen können wir auch in schweren Momenten zehren. Daher ist die Zeit und was wir aus ihr machen wohl unser kostbarstes Gut.

Und wieso erscheinen uns diese Erinnerungen oftmals so perfekt? Tja, vielleicht ist das einfach ein gekonnter Schachzug unseres Gehirns, das uns so sichergehen lässt, dass wir eine gute Zeit hatten. Vielleicht wissen wir aber auch einfach mit der Zeit, manche Dinge mehr zu schätzen.

Erzähl mir deine Geschichte

Auch die meisten meiner Nostigall-Stücke (Barschränke & Fundstücke) haben eine Menge erlebt und könnten viele Geschichten erzählen. Sie alle haben einige Jahre auf dem Buckel, viele Umzüge hinter sich und klägliche Aufhübschversuche über sich ergehen lassen.

Die Kofferdame Emily hat sogar mehr als eine weite Reise erlebt. Ursprünglich stammt sie aus England, von wo aus sie regelmäßig Europa und sogar Ozeanien bereist hat. Dabei ist sie einmal irrtümlicherweise in Georgien gelandet. Nach einer Tagestour ging es jedoch wieder zurück nach England, wo sie bereits sehnsüchtig erwartet wurde.

Irgendwann aber hörten die Reisen auf und Emily verbrachte viele Jahre auf einem dunklen Dachboden. Als sie schon dachte, sie würde den Rest ihres Lebens dort verbringen, kletterte eine junge Dame die Leiter hinauf und fand einen wunderschönen türkisfarbenen Koffer. Die junge Dame hieß Olivia und war die Enkelin von Emilys ehemaliger Begleiterin. Es stellte sich heraus, dass Olivia genauso gern reiste wie ihre Großmutter. Somit ging es für Emily vom dunklen Dachboden in die Sommerhitze Italiens, zu den Lavendelfeldern in Frankreich, zu griechischen Göttern und schließlich nach Deutschland. Hier lernte Olivia ihren Mann kennen und blieb seinetwegen. Viele Jahre später zog es Olivia jedoch zurück nach England und sie beschloss, schweren Herzens, Emily zu verkaufen. So fand ich Emily und nahm mich ihrer an.

Nostalgie bei Nostigall

Für weitere Reisen ist Emily inzwischen etwas zu alt. Aber nach wie vor erzählt sie gerne ihre Geschichten von fernen Reisen. Nur ein Blick auf die Koffer-Dame verrät, dass sie eine Menge von der Welt gesehen hat… So steht Emily stellvertretend für all die Möbelstücke, die eine erlebnisreiche Vergangenheit haben und uns bei ihrem Anblick vielleicht auch etwas nostalgisch werden lassen.